Die Sage von der Teufelstreppe
Erste Version
Einst kam ein Fremder ins Schwarzatal und freite ein bildschönes Fischermädchen. Schon war das Jawort gegeben, da bemerkte die Braut im letzten Augenblick, dass sie sich niemandem sonst als dem Teufel anverlobt hatte. Voller Entsetzen flüchtete sie den steilen Berg hinauf, der Teufel riss aber Steine aus dem Felsen und baute eine riesige Treppe. Auf der siebenten Stufe holte er die Flüchtende ein und wollte sie ergreifen, doch plötzlich entlud sich ein heftiges Gewitter, ein Blitz riss den Verfolger in die Tiefe, und das Mädchen konnte sich nach Böhlscheiben retten.
Zweite Version
Vor langer, langer Zeit wohnte im Schwarzatale ein Fischer in einem kleinen, mit Stroh gedeckten Hause. Seine Frau, die Tochter des Turmwarts auf Greifenstein, war eben ihres ersten Söhnleins genesen; deshalb eilte der erfreute Vater in die Stadt, um den Erstgeborenen zur Taufe zu melden, und dann auf die Burg, um seinen Schwiegervater zu Gevatter zu bitten.
Als er das Schwarzatal wieder betrat, brauste darin ein gewaltiger Sturm, daß die Tannen sich tief zur Erde beuten und die Felsen zitterten; die Schwarza aber wogte und schäumte, daß der Mann kaum den Steg zu überschreiten wagte, der ans jenseitige Ufer zu seiner Hütte führte. Davor stand seine Frau, die Hände ringend und wehklagend, und deutet nach dem Flusse. Da sprang der Teufel, der schon oft im Tale getobt hatte, soeben mit einem riesigen Schritte über den Fluß, und in seinen Krallen hielt er den wimmernden Säugling. Die Mutter war neben der Wiege eingeschlummert und hatte vergessen, das Gebetbuch unter des Kindes Kopfkissen zu legen, denn es war ja noch nicht getauft. Schon stieg der Teufel den steilen Berg am anderen Ufer hinan; aber der wurde selbst ihm unersteigbar. Da griff er mit der Rechten neben sich, riß Felsblöcke aus dem Boden und legte sie stufenweise aneinander, während er mit der Linken das Knäblein hielt. Schon hatte er sieben Stufen gebaut und die siebente erstiegen, da hemmte das inbrünstige Gebet der Eltern seine Macht; er zittert, schwindelt und der Raub entsinkt der Hand. Er verschwand und die Engel trugen das Knäblein unversehrt in der Mutter Schoß. Augenblicklich legte sich der Sturm, der Fluß glitt ruhig dahin und die ganze Natur ward wieder heiter. Des anderen Tages wurde der Knabe zur Taufe gebracht.
Nach: Rudolf Drechsel, Sagen und alte Geschichten aus dem Orlagau